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 Der letzte Brownie oder Das Supertalent

07. Dezember 2008

Kennen Sie den Film Notting Hill? Darin kommt folgendes Spiel vor: Eine Gesellschaft sitzt am Tisch und es gilt, die Frage zu klären, wer den letzten Brownie bekommt. (Ein Brownie ist ein englisches Gebäck, ein kleiner Schokoladenkuchen, der z.B. als Dessert gereicht wird.)

Das Problem wird wie folgt gelöst: Jeder muss erzählen, warum es ihm von allen am dreckigsten geht und warum er deswegen den letzten Brownie verdient hat.

Die RTL Fernsehsendung Das Supertalent hat mich an dieses Spiel erinnert! Die Moderation, die Einspieler mit den Berichten über die Kandidaten, alles hat den Eindruck gemacht, als ginge es nicht darum, ein Talent, eine Fähigkeit im Wettbewerb darzustellen, sondern nur darum, welchem Kandidaten es am dreckigsten geht.

Ich möchte nicht missverstanden werden: Michael Hirte hat ganz hervorragend Mundharmonika gespielt und er ist ein Supertalent. Aber die Art und Weise, wie er in der Sendung präsentiert wurde, muss ihm das Gefühl gegeben haben, als sei nicht sein Talent gewürdigt worden, sondern als habe man ihn aus Mitleid gewählt.

Es ist auch unbestritten, dass Fähigkeiten, wie sie in der Sendung präsentiert wurden, neben Veranlagung nur durch ungeheuren Fleiß und Disziplin zu erlangen sind, und dass es umso schwieriger ist, diesen Fleiß aufzubringen, je schwieriger die Ausgangslage ist.

Ich finde, in einer Sendung, die Das Supertalent heißt, sollte ein Supertalent gewählt und nicht der letzte Brownie verteilt werden. Michael Hirte hätte gute Chancen gehabt, auch unter dieser Prämisse zu gewinnen. Wenn man unbedingt Quote machen muss, indem man plump auf die Tränendrüse der Zuschauer zielt - was ja in letzter Zeit leider allgemein in Mode gekommen ist - dann soll man wenigstens so ehrlich sein, zu sagen worum es geht. Zum Beispiel könnte die Sendung dann Münchhausen heißen - wer hat sich selbst am weitesten an seinen eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Auch Der letzte Brownie wäre ein guter Titel.



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Kommentare, die ich zu diesem Artikel erhalten habe:

Ich sehe es ähnlich, würde aber sogar soweit gehen, daß mit aller Gewalt versucht wurde, die englische Sendung zu kopieren. Die Jury zu Tränen gerührt, Faszination, als hätte man vorher noch nie einen Mundharmonika-Spieler gesehen, und stehender Applaus. Irgendwie sah es genauso aus wie in der Telefonwerbung, bzw der englischen Originalsendung, wobei ich jetzt nicht weiss, ob diese Sendung nicht auch schon woanders kopiert wurde.



Sprachliche Emanzipation Fortschritt = Degeneration?

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