Meine Meinung!
 

 Staatliche Hehlerei

03. Februar 2010

Derzeit wird diskutiert, ob die Bundesrepublik Deutschland Daten über Konten und ihre Inhaber kaufen solle, die bei einer ausländischen Bank illegal kopiert wurden, um auf diese Weise Steuerhinterziehungen deutscher Staatsbürger aufzudecken.

Die Eckernförder Zeitung zitiert am 03.02.2010 eine repräsentative Umfrage, derzufolge 57% für einen Ankauf der Bankdaten seien. Im NDR-Radio habe ich gehört, dass bei einer nicht repräsentativen Umfrage sogar 75% der Befragten den Ankauf befürworteten.

Dieses Ergebnis, ja schon die Tatsache, dass mehr als eine vernachlässigbare Minderheit dieser Meinung ist, und vor allem dass deutsche Politiker, selbst unsere sonst so besonnene Kanzlerin diesen Leuten nach dem Mund reden, erschreckt mich so sehr, dass ich an dieser Stelle laut und deutlich meine Meinung darüber sagen will:

Nein es ist nicht richtig, diese Daten zu kaufen!

Für einen solchen Kauf gehörten die Verantwortlichen wegen Hehlerei zur Rechenschaft gezogen! Er lässt sich durch kein höheres Rechtsgut rechtfertigen. Welches denn?

Die Finanznot des Staates?
Jeder gewöhnliche Hehler begeht seine Tat aus dem selben Motiv: Er will seine Finanznot lindern und wird dafür bestraft.

Das Strafverfolgungsinteresse des Staates?
Steuerhinterziehung ist ein Offizialdelikt, es besteht also auf jeden Fall ein Verfolgungsinteresse.
Die Strafverfolgung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gewaltmonopol des Staates, da Strafen sich letztlich nur mit Gewalt durchsetzen lassen. Das Gewaltmonopol ist aber nicht umsonst an ganz bestimmte rechtsstaatliche Prinzipien gebunden, z.B. das Willkürverbot, die Beweispflicht und die Unschuldsvermutung.

Welche objektive Beweiskraft haben solche Daten?
Wie kann bewiesen werden, dass die Bits auf einer CD tatsächlich die Geldbewegungen auf einem Konto an einem ausländischen Kreditinstitut widerspiegeln? Und wer soll das beweisen? Die betroffene Bank könnte, wird es aber nicht und muss es auch nicht tun, weil der Arm der deutschen Justiz so weit nicht reicht. Andere können es nicht, jedenfalls wenn man von den wenigen Einzelfällen absieht, in denen Steuerhinterziehung bargeldlos von einem deutschen Konto aus betrieben wird.

Und welche formale Beweiskraft haben gestohlene Daten?
In Deutschland geht das Beweisverbot nicht so weit wie in den USA, d.h auch rechtswidrig erlangte Beweise dürfen u.U. vor Gericht verwendet werden.
Wenn ich nun aber mein von juristischen Theorien unbelastetes Rechtsempfinden Frage, drängt sich mir der Vergleich mit dem Entführungs- und Mordfall Jakob von Metzler auf:
Der ermittelnde Beamte wollte durch Androhung - nur Androhung - von Folter den Aufenthaltsort des jugendlichen Entführungsopfers in Erfahrung bringen, um dessen Leben zu retten. Er musste sich dafür vor Gericht verantworten und wurde verurteilt (s. Wikipedia: Daschner-Prozess).
Wenn die Rettung eines Menschenlebens keinen psychischen Druck auf einen geständigen Entführer rechtfertigt, dann rechtfertigt auch die größte Steuerhinterziehung keine staatliche Hehlerei.

Ich will Steuerhinterziehung überhaupt nicht bagatellisieren. Sie ist schonungslos und unnachgiebig zu verfolgen und aufzuklären, genau wie die oben genannten Schwerverbrechen. Genau wie bei diesen müssen aber die Grundsätze unseres Rechtssystems gewahrt bleiben.
Alles andere ist eine Autobahn Richtung Bananenrepublik!

Wo kommen wir denn da hin, wenn - nur weil es eine Minderheit betrifft, in diesem Fall z.B. kriminelle Reiche - die ausübende Gewalt des Staates mal eben so nach Gutdünken von den Grundprinzipien unseres Rechtssystems abweichen könnte, nur weil es eine Mehrheit gibt, die das unterstützt? So entstehen totalitäre Staaten! (Es entbehrt übrigens nicht einer gewissen Ironie, dass es 1934 genau ein solch totalitärer Staat war, nämlich das Tausendjährige Deutsche Reich, der wegen der Judenverfolgung Anlass dafür war, das Bankgeheimnis in der Schweiz in den Gesetzesstatus zu heben.)

Wenn es ums Geld geht, und dabei der Neid noch treibt, dann ist der Rechtsstaat egal.
Diese Haltung nimmt eine Mehrheit der mündigen, wahlberechtigten Bürger in Deutschland ein! Das erschüttert mich zutiefst und lässt mich beinahe an unserer Demokratie zweifeln. Auf jeden Fall aber bestätigen es mich in meiner Einstellung hinsichtlich der Unbrauchbarkeit von Volksentscheiden als Mittel der Demokratie.

Ich mag es einfach nicht glauben, dass sich unsere Regierung - aus welchen Beweggründen auch immer - auf ein so zweifelhaftes Geschäft einlässt, kriminell wird und sich so weit von den Grundsätzen unserer Rechtsprechung entfernt. Das treibt mir die Tränen in die Augen!

Meine einzige Hoffnung: Bei der ganzen Geschichte handelt es sich um einen großen Bluff, der nur dazu dient, die kriminellen Steuerhinterzieher unter Druck zu setzen und zur Selbstanzeige zu bewegen. Das allerdings wäre ein genialer ermittlungstechnischer Schachzug! - Also ihr lieben, kriminellen Steuerhinterzieher: Auch ich gönne es euch, dass ihr erwischt werdet! Aber nicht um den Preis, dass unser Rechtsstaat sich mit euch auf eine kriminelle Stufe stellen muss. Das hat er nicht nötig. Früher oder später kriegen sie euch! Jetzt könnt ihr ja noch einmal Roulette spielen: Gibt es die CD? Wird sie gekauft? Falls ja: Stehen eure Daten darauf? Das Finanzamt erwartet euch!


Nachdem ich diesen Text geschrieben habe, lief im ZDF eine Diskussionsrunde zu dem Thema. Dort habe ich erfahren, dass es das Problem der Steuerhinterziehung gar nicht mehr gibt: Auf die Zinsen eines europäischen Bankkunden werden in der Schweiz die in seinem Heimatland fälligen Steuern erhoben und an das Heimatland abgeführt - wegen des Bankgeheimnisses allerdings anonym!

Wofür aber braucht unsere Regierung dann die Namen Deutscher Bankkunden in der Schweiz? Um überprüfen zu können, dass die Schweizer Banken sich an den Vertrag halten? Wohl kaum! Der Verdacht liegt nahe, dass es darum geht, viel weiter reichende illegale Ermittlungen anzustellen als nur die nach ordnungsgemäßer Entrichtung der Steuer.

Wie ich oben schon andeutete: Wenn wir Bürger uns nicht wieder stärker an die Grundsätze unseres Rechtsstaates erinnern und sie der Staatsgewalt gegenüber auch einfordern anstatt uns durch populistische Parolen und Ansprache unserer niederen Instinkte manipulieren zu lassen, dann sind wir mal wieder auf dem besten Weg zu einem totalitären System.
Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser so herrlich unpersönliche Begriff der Staat, mit dem wir sonst ja durchaus auch Positives verbinden wie etwa den Wohlfahrtsstaat, Sicherheit, Recht und Ordnung usw., dass dieser Staat aus Menschen besteht. Menschen denen wir Macht in Form von Staatsgewalt in die Hände geben. Auch und gerade diese Menschen sind an unser Recht und Gesetz gebunden! Wenn ich mir manch Mächtigen heute ansehe, und dazu gehört auch der ehemalige Finanzminister Hans Eichel in besagter Fernsehsendung, dann habe ich Zweifel, ob denen das bewusst ist. Man muss ja fast schon froh sein, wenn sie ihre Macht "nur" zum persönlichen Vorteil missbrauchen, statt dazu ihre Macht illegitim zu vergrößern.

In der selben Sendung wurde auch die Behauptung aufgestellt - und sie blieb unwidersprochen - die Bundesrepublik Deutschland, unsere Regierung, habe den Diebstahl der Daten gezielt in Auftrag gegeben. Wenn das tatsächlich stimmt, dann sind wir ja noch viel weiter als ich in meiner Naivität befürchtet habe. Wie lange wird es dann wohl noch dauern, bis im staatlichen Auftrag weitere Straftaten begangen, bis Menschen erpresst, bestohlen oder gar ermordet werden? Ein Schreckgespenst? Ja, sicher! Unvorstellbar? Nein! Alles schon mal da gewesen und anderswo in der Welt durchaus real!

Volk, pass auf! Wir sind das Volk!


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